Immer wieder bewegende Chorproben

Voller Einsatz ist gefordert, wenn der „Gospel Choir“ sein Repertoire probt. Foto: Michael Bamberger; Quelle: Badische Zeitung online (http://www.badische-zeitung.de/freiburg-mitte/immer-wieder-bewegende-chorproben)

Badische Zeitung vom Mittwoch, 16.11.2011

VEREINT IM VEREIN: Der "Gospel Choir" probt donnerstags im Luther-Gemeindezentrum und feiert Anfang Dezember 25-Jähriges.   

Stühle? Noten? Fehlanzeige. Wenn sich der "Gospel Choir" donnerstagabends im Gemeindezentrum der evangelischen Lutherkirche trifft, wird dort alles beiseite gerückt, was stört. Nur das Keyboard bleibt – denn das braucht Carsten Schulz, der Mitgründer und seit 25 Jahren mit voller Überzeugung dabei gebliebene Leiter des schwungvollen Gospelchors. Vor ihm und um ihn stehen alle mitten im Raum und legen los – mit Singen, vor allem aber auch mit viel Bewegung.

Sie rollen die Schultern, gehen in die Knie, kreisen mit den Hüften. Mitten drin steht Carsten Schulz, singt "brrr", "mmmmh" und "aaah" in die ihm nachsummende Runde und spielt schon beim Aufwärmen den Animateur. Immer voller Elan, immer begeistert. Wenn er redet, klingt er, als habe er eine Mission: "Wer hier mühselig und beladen reinkommt, geht gut gelaunt wieder weg." Wie das funktioniert? "Alle lassen hier irgendwann los", sagt er: "Die Leute gehen richtig ab." Seit 25 Jahren beobachte er, wie sich Menschen in seinem Chor wandeln – nicht nur während der zweistündigen Probe, "wenn sich ihre Gesichter aufhellen", sondern auch insgesamt, wenn sie zum Beispiel ihre Kleidung oder Frisur verändern.

Der Gemeindesaal ist gut gefüllt, mehr Frauen als Männer, die meisten zwischen 30 und 50 Jahren, wenige Ältere, einige Studierende. Formal ist der "Gospel Choir" ein Arbeitskreis der Evangelischen Studierendengemeinde. In deren Räumen an der Turnseestraße wurde der Verein 1986 gegründet. Es waren aber nie nur Studierende dabei. Carsten Schulz studierte anfangs noch – Schulmusik auf Lehramt Gymnasium. Er vermisste im für seinen Geschmack zu weltlichen Studium "das Geistlich-Spirituelle". Die Gospel-Stücke, die er aus den amerikanischen Gospelcharts übernimmt und deren Partituren er beim Zuhören selbst zusammenschreibt, sind christliche Lobpreisungen, aber es singen auch Nicht- oder Anders-Gläubige mit. Wer mit Schulz ins Gespräch kommt, landet oft beim Thema Christentum – wenn seine Gesprächspartner das wollen, betont er.

Auch für einige andere ist Gospel ein Weg, den eigenen Glauben auszudrücken. Zum Beispiel für Christine Kinsky, die zum vierköpfigen Vorstand gehört. Sie kam 2004 eher zufällig durch einen Kollegen dazu, war immer musikalisch interessiert, von Gospel aber hatte sie keine Ahnung: "Und dann war es so befreiend – das Singen, die Bewegung." Für Carsten Schulz kam das größte Lob von einem der schwarzen Sänger, die der Chor oft für Konzerte engagiert: "Nicht schlecht für Weiße." Die Freiheit ohne Stühle und Noten kann anfangs überfordernd wirken, hat Sebastian Sommer erfahren, der den "Gospel Choir" 2008 übers Internet entdeckte und vorher in konventionellen kirchlichen Chören gesungen hatte. Vor allem, weil die Texte meist englisch, oft auch afrikanischsprachig oder arabisch sind. Erst war er "baff", erinnert sich Sebastian Sommer: "Dann habe ich einfach mitgemacht, und es hat mir gefallen."

Bei Ute Nierholz ist der Funke schon beim Zuschauen übergesprungen, als sie von ihrer Schwester zufällig in ein Konzert "geschleppt" wurde: "Ich wusste, da will ich mitsingen." In der Probe wird’s schnell immer beschwingter, irgendwann wiegen sich alle hin und her, schnipsen mit den Fingern, tanzen auf und ab. Das Tempo steigt, sie klatschen und hüpfen alle gleichzeitig in die Luft. "Let’s celebrate the lord", hallt es durch den Gemeindesaal ("Lasst uns den Herrn preisen").

Quelle: Badische Zeitung online (http://www.badische-zeitung.de/freiburg-mitte/immer-wieder-bewegende-chorproben)

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